... und am Ende des Projekteinsatzes stand dort die grüne kleine Flasche mit Hamburger Kümmel-Schnaps neben dem ebenso kleinen runden grünen Schwein mit großen runden, fast ein wenig traurig wirkenden Augen und wieder einmal war es ein Abschied ...
Was war passiert?
Lassen Sie es mich so formulieren: Die Kenntniss von politischen Strukturen im Unternehmen ist extrem wichtig, um Konzepte und Lösungsvorschläge erfolgreich zu platzieren und maximalen Suppurt für die Umsetzung zu erhalten. Das Vorgehen erfordert etwas Sensibilität und ein Gespür für die jeweiligen Interessen der Beteiligten Parteien. Win-Win-Situationen schaffen, Vertrauen in die Umsetzbarkeit und vor allem Aufzeigen des Nutzen für den Einzelnen. Wenn diese Faktoren beachtet werden, ist der Kunde zufrieden und der Berater kann sich zurückziehen und neuen Aufgaben widmen.
So letztlich auch in diesem Fall geschehen.
Es war nach nur wenigen Tagen erkennbar, dass die konkurierenden Ziele nicht ohne deutliche Ressourcen-Verstärkung umsetzbar sein würden, es an technischer Infrastruktur und Erfahrung fehlte und das Projektbudget hierfür nicht reichen würde. Eine Anforderung war regulatorsich getrieben, die andere intern. Dummerweise war der Hauptsponsor nicht auf der regulatorischen Seite, aber einer der primären Entscheider im Unternehmen.
Illusorisch also, mit feinfühliger Politik, hier zum Erfolg zu kommen. Und es hatte auch keiner um ein Projektreview gebeten, aber ohne eine klassische Intervention, hätte es niemals die notwendige schnelle Wende gegeben.
Gut also, dass ich mir wegen erblicher demenzieller Veranlagung weder handelnde Personen noch Namen merken konnte. Das ermöglichte eine für alle Beteiligten sehr unerwartete und direkt Herangehensweise, da ich recht klar und sehr früh die Probleme und die Lösungswege für die aktuelle Situation aufzeigen konnte, ohne dabei durch die Kenntnis von Rang und Einfluss meiner Gesprächspartner belastet zu sein.
Die Wirkung trat recht unmittelbar ein.
Mir wurde das grüne Schwein überreicht, dass seit Jahren im Schrank stand und nur demjenigen überreicht wurde, der in kürzester Zeit die meißten Fettnäpfchen gefunden und betreten hatte. In diesem Punkt war ich quasi zum 'Trüffelschwein' geworden und durfte das Tier bis zum Projektende als Dauerleihgabe behalten.
Paradox war letztlich nur, dass man mich nicht rausgeschmissen hat, denn der Mangel an Feingefühl meinerseits war offenbar als derart eklatant empfunden worden, dass die Neugierde auf mehr, dem Drang zur Beendigung des Debakels überwog. Als erfahrener Berater weis man, wann man tatsächlich gefordert ist zu liefern und wann man besser geht.
Gehen sollte man, wenn man erkennt, dass man ein totes Pferd reitet, also die Organisation nicht zu Änderungen bereit ist.
Aber hier war es anders, hier war der Wille zur Änderung vorhanden und wurde sogar gefordert. Daher letztlich der Wunsch und die Chance zu bleiben und das zu treiben, was sich nicht von allein bewegte, in aller Regel waren das Menschen. Ich war also gefordert zu liefern, denn nach diesem Intro, musste etwas kommen, was aufzeigte, dass mehr dahinter steckt als nur eine unerhöhrt offene Mängelanalyse (bzw. eine große Klappe).
Wer meint, es gehe beim Projektgeschäft um Inhalte, der täuscht sich. Wie oben zu sehen ist, geht es fast nie wirklich um Inhalte, es geht um das Bedienen von Bedürfnissen und es geht um Spaß, Freude im Team, das Gefühl, es sei das ganze Jahr durchgängig Advent und man könne sich jeden Tag auf eine Überraschung aus dem Kalender freuen. Gleichzeitig muss Kritik transparent im Team geäußert werden und Informationen müssen offen für alle fließen, damit möglichst alle Wissen, was passiert. Und es geht um das Vorleben von Qualität, Verantwortung und Zugeständniss von Fehlern sowie Offenheit für Kritik.
Die Anforderung jeden Tag etwas aus dem Adventskalender zu zaubern ist der positivste und motivierenste Aspekt. Der Kunde zahlt viel Geld für den Berater und Projekte erfordern immer erhöhten Einsatz für die Mitarbeiter. Daher darf der Kunde auch erwarten, dass der Berater nicht nur fachlich versiert ist, sondern auch den Entertainment-Aspekt vollständig abdeckt. Das Team muss lachen können, notfalls über mich, wenn ich mich selbst zum 'Deppen' mache. Das ist im Stundensatz inclusive. Schlechte Stimmung im Team behindert massiv die Kreativität und Kritikfähigkeit und führt damit zu Qualitätsmangel und Personalabgängen.
Geklärt wäre somit, wo das grüne Schwein herkommt. Aber was macht die grüne Flasche vom original Hambuger Kümmelschnaps auf meinem Schreibtisch? (Das Wort "Schnaps" mag hierbei verziehen sein. Der Kenner dieses ausgesprochen feingeistigen Getränks rümpft jedes mal erneut die Nase, wenn ich diesen Ausdruck wähle.) Also, nochmal: Warum die grüme Falsche?
Sie zeigt mir zuweilen recht schmerzhaft meine Grenzen auf! Denn nicht alle Projektmitarbeiter sind mit Tages-Kabaret zufrieden. Nicht dass sie es nicht genießen würden und lachen, aber sie wollen den Kampf, Mann gegen Mann. Kräftemessen auf norddeutsche Art. D.h., Kümmelschnaps trinken, bis einer von beiden aufgibt, sich ergibt, sich übergibt oder in sonstiger Weise nachweislich seine kognitiven Fähigkeiten soweit im Schnaps ertränkt hat, dass er nach deutlichem Gedächtnisverlust nur noch schemenhafte Erinnerungen an den Weg von der Kneipe bis in den Graben hat, in dem er sich wiederfindet, mit viel Glück auch in seinem eigenen Bett. Dabei spielt es keine Rolle, wer die Rechnung am Ende bezahlt hat (in aller Regel kann man sich auch daran nur noch bruchstückhaft erinnern). Entscheidend ist der Gewinner!
Und am nächsten Morgen im Büro sollte der Verlierer das Gelächter all derer tapfer ertragen, die schon seit Tagen auf den Ausgang dieses scheinbar spontanen Treffens Wetten abgeschlossen hatten.
Denn im Norden Deutschlands gehört Helbing's Kümmel offenbar zum festen Bestandteil, dem man sich kaum entziehen kann. Wer bei diesem Duell verloren hat, wäre somit geklärt, denn ...
... am Ende des Projekteinsatzes stand dort die grüne kleine Flasche mit Hamburger Kümmel-Schnaps neben dem ebenso kleinen runden grünen Schwein mit großen runden, fast ein wenig traurig wirkenden Augen und wieder einmal war es ein Abschied ...